#22 – Stromversorgung im Camper/Tiny House – Was muss ich beachten?

Dies ist eine Frage, die sich wohl viele stellen und die auch schon oft beantwortet wurde aber in diesem Artikel versuche ich die technische Seite so gering wie möglich zu halten, bzw werde die Gesetze der Elektrotechnik nicht näher erläutern, da ich darüber schon einen Artikel geschrieben habe.

Hinweis: In den folgenden Beispielen gehe ich immer von den Maximalwerten aus. Bitte am Ende des Artikels noch die Empfehlung beachten, wie man die Batterien schont!!

Wenn ich eine s.g. Inselanlage mit Solar/Windkraft plane, dann muss ich als erstes wissen, welche Geräte ich besitze und welche Spannung diese benötigen. Diese teile ich in 5 Kategorien ein: 230V Wechselspannung (Also klassische Haushaltsgeräte), 24V Geräte, 12V Geräte, 5V Geräte und alle anderen Geräte. Dazu muss man wissen, dass nahezu alle Geräte mit einem Netzteil zwar einen 230V Anschluß haben aber in Wirklichkeit auf Gleichspannung zwischen 12V und 48V laufen.
Warum diese Einteilung? Oberstes Prinzip bei einer Inselanlage: So wenig wie möglich transformieren!! Dabei enstehen Verluste und die gilt es zu vermeiden.
Nun habe ich die Geräte alle klassifiziert und nicht vergessen, ein Laptop Netzteil für 230V gehört gehört nicht in die 230V Kategorie, sondern in die Kategorie die der Ausgangsspannung entspricht. Ok und was nun? Nun kann ich erkennen in welchem Spannungsbereich ich die meisten Geräte habe. Sehe ich dass die meisten Geräte auf 12V und weniger laufen dann fiele die Wahl auf ein 12V Batteriesystem. Ausnahme: Wenn die Geräte die ich am meisten nutze zwar wenige sind aber alle in der Kategorie bis 24V, dann besser ein 24V Batteriesystem anpeilen.

Nun habe ich die Nennspannung (im folgenden nehme ich 12V an) meiner Inselanlage festgelegt. Aber was mache ich nun mit einem 19V Laptop Netzteil? Zunächst schaue ich ob der Hersteller ein Autoladekabel dafür anbietet. Diese laufen dann auf 12V (und in den meisten Fällen auch für 24V). Diese Geräte transfomieren dann die 12V hoch auf 19V und alles ist gut. Aber wenn ich transformiere kann ich doch auch bei dem 230V Netzteil bleiben?! Nein, denn zum einen ist die Transformation von 19V auf 230V belastender als von 19V runter auf 12V und bei 230V muss ich zusätzlich aus dem Gleichstrom noch Wechselstrom machen, der dann wieder intern in Gleichstrom gewandelt wird. Soweit sollte der Vorteil nun klar sein. Bleibt noch die Frage, was mache ich wenn es kein 12V/24V Netzteil für mein Gerät gibt? Kurz: Dann baue ich mir eines! Und das gilt natürlich auch für alle Geräte die über den 12V liegen! Das dies natürlich nicht jeder kann ist klar und deswegen kann ich auch nur eindringlich warnen. Wenn du nicht weisst wie das geht, dann mache es auch nicht!! Ich werde bewusst hier keine Bauanleitung zeigen oder Kaufempfehlungen geben. Wer sich da auskennt, der weiß was zu tun ist und alle anderen laufen eher Gefahr die Inselanlage abzubrennen und sollten die Finger davon lassen.

Jetzt haben wir die Geräte klassifiziert und alle Geräte auf die 12V der Anlage angepasst. Jetzt mache ich mir eine Liste die den maximalen Stromverbauch der Geräte zeigt. Wie errechne ich den? Ganz einfach: Maximalleistung(Watt) / Anschlußspannung (in unserem Beispiel 12V) = maximaler Strom (Ampere)
Wenn auf dem Netzteil bei Ausgang (Output) nicht die Wattzahl steht sondern nur Volt und Ampere, dann multipliziere ich die beiden Werte und habe die Maximalleistung (Watt)
Im Idealfall stehen alle Werte bereits auf dem Netzteil. Dennoch muss ich die obere Rechnung ausführen, wenn die Ausgangsspannung des Gerätes nicht 12V beträgt, denn die so errechneten Ampere werden tatsächlich der Batterie entnommen.

Warum ist das wichtig? Eine Batterie hat einen maximalen Entladestrom! Dieser ist in der Regel gleich mit der angegebenen Ah Zahl was man auch 1C nennt. Eine 200Ah Batterie kann somit 200A Dauerstrom liefern. Es kann aber auch sein dass der Hersteller nur 0,5C angibt dann wären es nur 100A bei der Beispielbatterie. Im Weiteren gehen wir aber von 1C aus.

Jetzt wollen wir wissen wieviel Ah brauche ich. Diese Antwort wird leider oft falsch beantwortet, denn es geht hier nicht ausschließlich um die Frage wieviel Ah ich pro Tag verbrauche und nachladen kann, damit ich immer genug Strom habe, sondern eben auch um die Maximale Last. Bleiben wir bei dem genannten Beispiel dann haben wir 12V 200Ah mit 1C Entladung demnach können wir 2400 Watt Leistung abrufen und somit sollte der Wechselrichter diesen Wert schonmal nicht überschreiten. Wer also eine 2500 Watt Kochplatte betreiben will, der braucht schonmal mindestens 210Ah bei 1C und den passenden Wechselrichter! Die Kochplatte könnte dann weniger als eine Stunde laufen und die Batterie wäre dann leer. Dies ist abhängig von der Tiefenentladungsgrenze der Batterie die je nach Typ zwischen 10% – 50% liegt.

Dann kommen wir jetzt zur Frage: Wie groß muss meine Batterie sein, damit ich auch Autark bin und nicht plötzlich die Batterien leer sind und ich ohne Strom da stehen?
Das ist eine ziemlich einfache Rechnung bei der uns wieder die Liste mit den Geräten und deren Maximalleistung (Watt) hilft. Als erstes ergänze ich die Liste mit der täglichen Nutzungsdauer. Wenn man 30 minuten am Tag kocht, dann wären dass also 2500W / 12V * 30min / 60min = 104,16Ah
Wiederholen wir die Rechnung für alle Geräte und addieren die Ah wissen wir, was wir maximal pro Tag an Kapazität benötigen. Diesen Wert rechnen wir noch geteilt durch die maximale Entladungsgrenze und dann mal 100. Bei AGM wären dass dann 50% also 104,16 / 50 * 100 = 208,32Ah. Die Batterie muss also ~210Ah Kapazität haben, damit wir 30 Minuten pro Tag kochen können.

Wie groß muss also die Batterie sein? Das ist jetzt etwas schwieriger zu beantworten. Die Tageskapazität gibt uns rechnerisch einen Tag Unabhängigkeit wenn wir davon ausgehen, dass die Batterie nicht geladen wird. Dank Solar/Wind und bei Fahrzeugen auch die Lichtmaschine gewinnen wir aber auch immer Strom. Und wieviel das ist hängt von den verwendeten Ladungsmethoden genauso ab wie von deren Effektivität (z.B. gute oder schlechte Solarpanele), vom Standort, usw.

Hier kann man sich also nur mit einer Faustformel behelfen. Wenn ich nur Solar habe, dann würde rechnerisch ein 12V 52 Wh Panel reichen um die Kochplatte zu betreiben (104,16 * 12V / 24h)
Da die Sonne aber nicht 24 Stunden scheint und die 100% eines Solarpanels schon garnicht permanent erreicht werden. Geht man in deutschen Breitengraden von 4 Stunden pro Tag im Jahresschnitt aus. Damit wären wir dann bei 312 Wh für das Solarpanel. Aber wieder gehen wir nur von Solar im Jahresdurchschnitt aus. Dies würde bedeuten dass die Anlage im Sommer viel zu viel Energie erzeugt und im Winter oder bei Regentagen ggfls viel zu wenig. Und hier trennt sich dann auch die Planung für ein feststehendes TinyHouse und einen beweglichen CamperVan. Man kommt um eine zweite Stromquelle nicht herum. Beim TinyHouse bietet sich Windkraft an und beim CamperVan eben die Lichtmaschine.
Hier beginnen wir ein neues Beispiel, da wir in den seltensten Fällen nur 30 Minuten am Tag kochen wollen:
Tagesbedarf: 320Ah
Batteriekapazität bei 80% (LiFePo): 400Ah
Solar only: 960Wh bei 4h Jahresdurchschnitt
Da die Systeme ja modular sind und immer erweitert werden können kann man also problemlos klein anfangen. Davon ausgehend, dass ich nicht jeden Tag etliche Kilometer fahre (Lichtmaschine lädt die Batterie) würde ich mit 400 Watt Solar anfangen. Bleibe ich nie mehr als einen Tag an einem Ort und fahre entsprechend viel, dann würde ich sogar nur 200 Watt Solar planen. Ebenso, wenn ich nur in sonnigen Gebieten unterwegs bin. Auch der Wirkungsgrad der Panele und der Laderegler (PWM oder MPPT) spielen hier eine große Rolle. Mit dem entsprechendem Regler können die vollen 18V oder sogar 36 Volt der Panele genutzt werden was den Ladestrom erhöht und damit die Ladezeit verkürzt. Du siehst: Es sind sehr viele Faktoren die eine entscheidende Rolle spielen.
Auch empfehlenswert sind mobile Solarpanele als Ergänzung zu den fest montierten. So kann ich auch mal im Schatten parken und das Panel perfekt zur Sonne ausgerichtet ein paar Meter weiter wegstellen oder Schlechtwettertage damit ausgleichen, wenn das Dach nicht genug produziert.

Fazit: Es gibt leider nicht die eine Lösung für alle, sondern es ist immer eine individuelle Lösung, die von Bedarf, Qualität und Verhalten abhängig ist aber ich hoffe dass Ihr mit diesem Artikel alle Punkte habt, die bedacht werden müssen und so leichter zu Eurer individuellen Lösung kommt.

Jetzt noch der o.g. Hinweis: Die Maximalwerte einer Batterie auszunutzen bedeutet immer eine drastische Verkürzung der Lebensdauer. Beim Ladestrom würde ich also immer eine Halbierung empfehlen und auch die Entladegrenze sollte man nicht ausreizen. Genauso sollte eine Batterie aber auch nicht ständig zwischen 100% und 90% Aufladung betrieben werden. Ein LiFePo Akku fühlt sich zwischen 90% und 60% am wohlsten und bei 0,5C statt 1C Ladestrom ist er auch deutlich weniger gestresst. Dies sorgt für eine maximal lange Lebensdauer und schont den Geldbeutel, da Batterien nunmal nicht billig sind.

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